Warum sind schwedische Häuser rot?
Der berühmte “Katthult Hof” in Småland
Warum sind in Schweden alle Häuser rot?
Jeder, der schon einmal durch Schweden gereist ist, kennt sie: die typisch roten Holzhäuser, die so wunderbar in die schwedische Landschaft passen. Ob in dichten Wäldern, entlang der Schärenküste oder irgendwo in einem kleinen Dorf – die roten Fassaden sind allgegenwärtig und mittlerweile fast schon ein Sinnbild für Schweden.
Man könnte meinen, alle schwedischen Häuser wären rot. Natürlich stimmt das nicht ganz – es gibt sie durchaus auch in anderen Farben. In Stockholm haben wir zum Beispiel eine Zeit lang in einem schwarzen Holzhaus gewohnt, und unser Haus in Värmland ist graublau.
Aber trotzdem: Die roten Häuser stechen einfach heraus. Rot ist schließlich keine Farbe, die sich versteckt. Und gerade in Schweden, wo man es sonst oft schlicht, zurückhaltend und eher neutral mag, ist dieses kräftige, fast schon dramatische Rot ein echter Hingucker. Aber warum sind so viele Häuser in Schweden ausgerechnet rot?
Von der Mine auf die Fassade: Die Geburt von Falu Rödfärg
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, müssen wir uns auf eine kleine Zeitreise begeben. Diese beginnt in Falun, einer Region in Dalarna, die seit Jahrhunderten für ihre Große Kupfergrube (Stora Kopparbergs Gruva) berühmt ist. Diese Kupfermine war sogar mal eine der wichtigsten Kupferminen der Welt! Das Kupfer aus Falun wurde nämlich nicht nur in Schweden genutzt, sondern war ein echter Exportschlager und von sehr großer Bedeutung für die schwedische Wirtschaft.
Eine Zeichnung der Kupfermine in Falun (1718) | Bildquelle: Johan Tobias Geisler, “Vy över Falu koppargruva från nordväst”, Digitalt Museum
Im 16. Jahrhundert entdeckte man dort, dass sich die Rückstände aus dem Bergbau – eine Mischung aus Eisenoxid, Schwefel und Silikaten – wunderbar als Pigment verarbeiten ließen. Was als Abfallprodukt begann, wurde bald zu einem echten Verkaufsschlager: “Falu Rödfärg”, die berühmte rote Farbe, war geboren. Die Farbe sah aber nicht nur hübsch aus, sondern war auch unglaublich praktisch: Sie schützte das Holz vor Regen, Sonne, Schimmel und allerlei anderen Widrigkeiten des schwedischen Klimas.
Eine Alternative zu Backstein
Warum war ausgerechnet diese Farbe so beliebt? Die Antwort liegt in einem kleinen Funken Eitelkeit. Zur damaligen Zeit war es in Schweden populär, sich an der Architektur reicher europäischer Nachbarländer zu orientieren. Besonders Gebäude aus rotem Backstein galten als Symbol für Wohlstand und Raffinesse. Da echter Backstein jedoch sehr teuer war, griff man auf eine günstigere Alternative zurück: Man strich Holzhäuser mit Falu Rödfärg, um sie wie Backsteinbauten aussehen zu lassen.
Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde die Produktion von Falu Rödfärg vereinfacht, wodurch die Farbe auch für die breite Bevölkerung erschwinglich wurde. Was einst vor allem den Wohlhabenden und Kirchen vorbehalten war, fand nun auch Einzug in ländliche Gegenden. Das „rote Schwedenhaus“ wurde so zu einem Markenzeichen des Landes und ist bis heute das Synonym für das idyllische skandinavische Leben.
Rote Häuser auf der Schäreninsel Sandhamn